Balanced Neuromodulation
Obgleich unter Neurowissenschaftlern und Suchtmedizinern schon seit Jahrzehnten unstrittig ist, dass Sucht einhergeht mit strukturellen und funktionellen Veränderungen des Gehirns, fand diese Erkenntnis erstaunlich lange keinen Zugang in klinische Behandlungsstrategien. Die Internationale Gesellschaft für Suchtmedizin gründete deshalb eine Interessengruppe der Neurowissenschaften (ISAM-NIG), um diese Lücke zu schließen und internationale Behandlungsstandards zu entwickeln. Die beiden Beine, auf denen die neurobiologische Behandlung der Kokainsucht ruhen, heißen Psychotherapie (auf die speziellen Bedürfnisse des Kokainsüchtigen zugeschnitten) und Neuromodulation
(auf die speziellen strukturell-funktionellen Veränderungen abgestimmt)*
*Ekhtiari, H., et al., Transcranial electrical and magnetic stimulation (tES and TMS) for addiction medicine: A consensus paper on the present state of the science and the road ahead. Neurosci Biobehav Rev, 2019. 104: p. 118-140.
Die Entwicklung der
Kokainbehandlung
Suchtbehandlung
klassisch
Psychotherapy as
usual
Suchtbehandlung 2.0
Neuromodulation +
spezifische Psychotherapie
Suchtbehandlung 3.0
Kombination verschiedener Neuromodulationsverfahren + spez.
Psychotherapie
elektromagnetisch, elektrisch, biochemisch +
Motivational Interviewing
Inzwischen verfügen wir über ein tieferes Verständnis dafür, was sich bei Kokainsucht wirklich abspielt und wie tiefgreifend die Veränderungen sind:
Blick auf die Kokain-Sucht aus dem Blickwinkel der Chronifizierung
Die erste Definition besagt, dass es sich immer um ein bio-psycho-soziales Geschehen handelt, eine Krankheit mit körperlichen Aspekten, mit psychischen und sozialen. Therapeutische Konsequenz: wir müssen uns um alle 3 Teilkomponenten kümmern und kommen nicht darum herum, multimodal vorzugehen: Arbeiten an allen drei Aspekten, physisch, psychisch, sozial. Monomodales Vorgehen ist zum Scheitern verurteilt. Dieses Prinzip des multimodalen Vorgehens hat sich in anderen medizinischen Teilgebieten, z.B. der Schmerztherapie in jahrzehntelanger Arbeit bewährt.
Auf biologischer Ebene kommt es zu neuroplastischen (also tiefgreifenden) Veränderungen im zentralen Nervensystem: im neuronalen Netzwerk (das mit feinen Hirnströmen arbeitet) einerseits und auf der Ebene der Neurotransmitter (biochemisch arbeitenden Bio-Botenstoffen) andererseits. Anders ausgedrückt: umschriebene Hirnareale haben als Folge der Sucht ihre elektrische Aktivität verändert und können dadurch ihre Kontrollfunktionen nicht mehr ausüben. Neurotransmitterkonzentrationen haben sich verändert, und damit verändert sich die Informationsverarbeitung und Wahrnehmung. Therapeutische Konsequenz: wir werden uns um neuronale Netzwerke kümmern müssen, überaktive Bereiche herunterregulieren und minderaktive aktivieren müssen. Das geschieht mit Hilfe von Neuromodulation (elektrische und elektromagnetische Stimulationen von kleinen Arealen des Gehirns). Daneben werden wir uns um die Neurotransmitter kümmern müssen, deren Konzentration und Zusammensetzung optimieren.
Die psychischen (neurokognitiven) Veränderungen sind ebenso tiefgreifend, betreffen motivationale und kognitive Aspekte. Kokainsucht führt zu Craving, einem nichtbeherrschbaren Drang, die Droge zu beschaffen und zu konsumieren, unter Inkaufnahme der möglichen katastrophalen Auswirkungen. Therapeutische Konsequenz: ohne psychotherapeutische Betreuung wird eine Heilung nicht möglich sein. Es gibt eine ganze Reihe psychologischer Veränderungen bei Kokainsucht. So finden sich im einnahmefreien Intervall:
Aufmerksamkeit (selektiv und Aufrechterhaltung)
Denkgeschwindigkeit
Lerngeschwindigkeit
Gedächtnis
Exekutivfunktionen (Problemlösung, Planung, logisches Denken)
Entscheidungsfindung
Negative Stimmung
Fähigkeit zu angemessener Bewertung
Zwangsgedanken
Impulsivität
Geistige Flexibilität
Die Ausprägung dieser Effekte korreliert mit Quantität, Häufigkeit und Dauer des Konsums. Etwa 5 Monate nach begonnener Abstinenz zeigt sich eine deutliche Verbesserung der kognitiven Einschränkungen.
Die sozialen Folgen: Bedrohung der psychosozialen Funktionsfähigkeit. Aspekte Legalität, Kriminalität, soziale Ächtung, Gesundheitsschädigung, möglicher Tod.
Erfolgsvoraussetzungen
Blick auf die Kokain-Sucht aus dem Blickwinkel der Neurophysiologie (Biologie)
Biochemisch gesehen verhindert Kokain die Wiederaufnahme von Dopamin, sodass es zu einer Dopaminanreicherung kommt.
Die blockierte Wiederaufnahmehemmung von Dopamin im synaptischen Spalt führt zur Dopaminanreicherung und den damit verbundenen euphorisierenden Wirkungen. Das Belohnungssystem wird angeworfen, Belohnungshormon liegt in hoher Konzentration vor und führt zu Glücksempfindungen, dem Rush. Auch wird dadurch die Gefühlssensibilisierung und das Craving erklärt. Dahingegen führt der chronische Kokaingebrauch zu einer
Dopaminverarmung aufgrund gedrosselter Produktion und Herunterregulierung der Rezeptoren. Das führt zu verminderter Lebensfreude (Anhedonie, depressive Entwicklung) und Toleranzentwicklung (es wird mehr Droge zur Erzielung des gleichen Effektes benötigt). Gleichzeitig werden bestimmte Hirnareale (z.B. der ventrolaterale praefrontale Cortex) sensibilisiert für dopaminerge Reize, und es kommt zu einem Drogen-Hunger.
Auch die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin wird gehemmt, mit der Folge einer Aktivierung des sympathicotonen Anteils des vegetativen Nervensystems, was die Herzfrequenzbeschleunigung und Pupillenerweiterung erklärt.
Intakte Hirn-Zentren würden das Geschehen kontrollieren können, durch Kokain verlieren sie aber an Aktivität und damit an Funktion. Neurophysiologisch haben wir es mit einer Minderfunktion zweier Gehirnareale zu tun, mit dem sogenannten DLPFC (dorsolateralen präfrontalen Cortex) und Regionen der darunterliegenden Hirnschichten (z.B. der ACC = anteriorer cingulärer Cortex). Bei bestehender Sucht können wir auf die Funktion dieser beiden Gehirn-Kontrollzentren nicht zurückgreifen. Hier also „spielt die Musik“ bei der Kokain-Sucht, und nur durch eine Wiederherstellung der alten Funktion werden wir das Suchtproblem wieder los. Mit willentlicher Anstrengung („…nun reiß‘ dich doch mal zusammen…“) lässt sich nichts erreichen. Professionelle Hilfe ist unerlässlich.
Mit Willen allein lässt sich das Problem nicht lösen,
professionelle Unterstützung ist erforderlich.
Der Weg aus Therapeutensicht:
Balanced Neuromodulation
Resetting der Dysfunktionen (= Brain-Switch) mit den „Big Five“
Priming
Sensibilisierung der zu behandelnden suchtrelevanten Zentren mit transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) mit dem Ziel bestmöglicher Effizienz (intensiverer, schnellerer und langanhaltender Wirkung)
Optimierung der Hirnleistung durch Modulation der Transmittersysteme
mit Ketamin-Infusionen
Modulation
suchtrelevanter Hirnzentren mit Hilfe von rTMS (repetitiver transkranieller elektromagnetischer Hirnstimulation)
Psychotherapie
Arbeit an Motivation und Erarbeiten von Handlungsalternativen
Medikamente
dienen der Rückfallprophylaxe
Ihre Hilfe bei Kokainsucht: Dr. med. Dipl. Biol. Peter Tamme
Schön, dass Sie da sind!
Sie selbst oder eine nahestende Person haben ein Problem mit Kokain, Koks, Schnee, Crack? Richtig?
Unsere Aufgabe besteht darin, Ihnen tatkräftig und schnell einen Ausstieg zu ermöglichen. Ohne Leid. Ohne Wegsperren. Komfortabel und schonend. Mit Suchtbehandlung 3.0 nach den Anwendungskriterien der Internationalen Gesellschaft für Suchtmedizin (ISAM).